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Homeoffice Gesetz in den Niederlanden – Linda Voortman im Interview
I Am Digital

Homeoffice Gesetz in den Niederlanden: Ein Recht auf Flexibilität im Arbeitsleben

Homeoffice Gesetz - Interview mit Linda Voortman

Deutschland gilt in vielerlei Hinsicht als fortschrittliches Land. Doch wenn wir über Flexibilität in der Arbeitswelt sprechen, hinkt Deutschland den bestehenden Möglichkeiten und zu erwartenden Ansprüchen hinterher. Deswegen hilft es vielleicht wenn in einem anderen Land, jemand einen erfolgreichen Vorstoß wagt und mit einem zumindest gefühlt revolutionären Gesetz eine Diskussion eröffnet.

Genau so einen hat die niederländische Abgeordnete Linda Voortman (GroenLinks Partei) gemacht. Zeit mich mit ihr einmal zu unterhalten.

Linda Voortman über das neue Homeoffice Gesetz

Ab 1. Juli gilt in den Niederlanden ein allgemeines Recht auf die Arbeit im Homeoffice. Meine heutige Interviewpartnerin hat das per Gesetz beschließen lassen. Sie erhofft sich dadurch mehr Flexibilität und Balance für Arbeitnehmer. Neben anderen wichtigen Aspekten.

Im Interview hat mir Linda Voortman erzählt wie sie auf das Homeoffice Gesetz gekommen ist, was sie während diesem Prozess über die Arbeitswelt gelernt hat und warum es die richtige Zeit für so ein Gesetz ist.

Warum ist jetzt die richtige Zeit Arbeitnehmern zu erlauben von Zuhause zu arbeiten?

Ich glaube, dass Menschen heute mehr Flexibilität in ihrem Leben haben möchten. Das ist heutzutage durchaus möglich. Menschen möchten vielleicht mehr Zeit mit der Familie verbringen, sich um anderen Menschen kümmern oder generell mehr Zeit für andere Dinge haben. Zeit die sich durch den wegfallenden Arbeitsweg gewinnen. Es gibt wirklich viele Vorteile.

Technologie würde heute vielen Menschen ermöglichen von zuhause zu arbeiten. Welche Gründe bringen Arbeitgeber bisher an um solche Anfragen abzulehnen?

Viele Arbeitgeber, die diese Anfragen ablehnen sind verunsichert oder altmodisch veranlagt. Arbeitgeber denken manchmal, dass Angestellte zuhause weniger arbeiten und die Person im Büro haben möchten, um zu sehen was sie tut.

Aber viele Jobs bei denen du an einem Schreibtisch sitzt und an einem Computer arbeitest, kannst du heute wirklich von überall erledigen. Vor allem wenn du meistens allein arbeitest. Team-Meetings mögen immer noch etwas besser sein, wenn man sich persönlich trifft. Es gibt allerdings auch mittlerweile viele gute digitale Lösungen.

Unter welchen Umständen können Arbeitgeber eine solche Anfrage ablehnen, nachdem das Gesetz in Kraft tritt?

Sie müssen beweisen, dass der Job entweder definitiv nicht von woanders ausgeübt werden kann oder dass dies einen erkennbar negativen Einfluss auf das Geschäft hätte. Arbeitgeber sind dann in der Beweispflicht und müssen sich erklären. Ohne das Gesetz war es bisher immer andersrum.

Nachdem das Homeoffice Gesetz dann in Kraft tritt, gibt es von Seiten der niederländischen Regierung Hilfe für Unternehmen, die bisher keine Erfahrung mit dem Thema haben?

Es wird einige Informationen auf der Webseite des Ministeriums für Sozialwesen und Arbeit geben. Darüber hinaus kann ich mir vorstellen, dass auch eine Awareness-Kampagne gestartet wird. Denn es gibt sicherlich noch einige Menschen, die von diesem neuen Gesetz nicht wissen, davon aber profitieren können.

Wie erklärt man Menschen, dass sie sich nicht für Arbeit aus dem Homeoffice qualifizieren?

Manche Menschen können einfach nicht von zuhause arbeiten. Ein Busfahrer zum Beispiel oder eine Putzkraft.

Für diese Menschen gibt es andere Möglichkeit mehr Flexibilität in ihrem Arbeitsleben zu haben. Es ist beispielsweise möglich, dass sie andere Arbeitszeiten wählen können. So könnte jemand statt fünf Tage je 8 Stunden auch vier Tage je 10 Stunden arbeiten.

Ich habe von so einem Gesetz gelesen, dass es in den Niederlanden schon seit 2001 gibt und Menschen ein Recht auf Flexibilität und Teilzeitarbeit gibt. Sind diese beiden Gesetze verwandt?

Ja, das sind sie. Es ist eigentlich sogar ein und dasselbe Gesetz. Wir erweitern nur das alte Gesetz, damit Menschen noch mehr Flexibilität im Arbeitsleben haben können.

Ich denke jeder kann irgendwie von diesem Gesetz profitieren. Menschen sollten eine Chance haben ein besseres Leben zu führen, wenn es doch möglich ist.

Es gibt eine Studie der Rotterdam School of Business, welche besagt, dass Menschen im Homeoffice mindestens so produktiv wie Menschen im klassischen Büro sind. Warum glauben das anscheinend viele Arbeitgeber nicht?

Ich glaube manche Arbeitgeber haben Angst vor Veränderungen. Sie sind wie schon gesagt altmodisch eingestellt. Sie haben es nicht gesehen, daher glauben sie es nicht. Sie probieren es aber auch nicht aus.

Deswegen brauchen wir dieses Gesetz. Die Menschen brauchen das Recht flexibler und auf ihre Umstände angepasst zu arbeiten.

Woher kam die Idee für dieses Gesetz und was war Ihre Motivation es weiter zu verfolgen?

Wir haben gehört, dass Menschen sich mehr Flexibilität wünschen um sich z.B. um Kinder und ältere Menschen zu kümmern. Oder in der Zeit, die sie sparen, mehr soziale Arbeit zu verrichten. Daher entstand im Prinzip die Idee.

Wir haben es dann in unserer Partei diskutiert, der Grün-Linken, und dann auch die Christdemokraten mehrheitlich davon überzeugen können.

In Deutschland nimmt die Zahl der Leute, die von Zuhause aus arbeiten ab (Statistik 2012: 12%). Glauben Sie, dass sich auch andere Regierungen mit ihrem Gesetz beschäftigen werden?

Sagten Sie gerade, dass die Zahl abnimmt? Das überrascht mich. Ich dachte eigentlich immer, dass Deutschland so ein modernes Land ist. Insbesondere wenn es um das Thema Arbeit geht, z.B. bei Kinderbetreuung oder im Sozialwesen. Aber vielleicht habe ich mich da getäuscht.

Ich weiß nichts von anderen Regierungen, die sich damit beschäftigen. Allerdings habe ich mit ein paar anderen Medien aus anderen Ländern gesprochen, die mich wie Sie kontaktiert haben. Ich wurde zuletzt von der BBC angesprochen und von einem Journalisten aus Südkorea.

Ich glaube, dass durchaus Interesse an so einem Gesetz in anderen Ländern besteht und die Regierungen werden das vermutlich auch mitbekommen.

Welche weiteren positiven Veränderungen erhoffen Sie sich von diesem Gesetz, außer denen die wir jetzt besprochen haben?

Eine Sache, die wir noch nicht angesprochen haben, sind die ökologischen Aspekte. Ich denke, dass das Gesetz einen sehr positiven Einfluss auf die Umwelt haben kann. Denn mehr Menschen werden sich demnächst den Arbeitsweg sparen können und so die Umwelt weniger belasten. Das sollte man auch beachten.

Müssen Menschen eigentlich wirklich von Zuhause arbeiten oder können sie auch aus einem Café, Coworking Space oder ähnlichem arbeiten?

Ich denke Menschen sollten dort arbeiten, wo sie sich persönlich am Wohlsten fühlen. Solange der Arbeitnehmer vernünftige Bedingungen zum Arbeiten hat, ist der Ort nicht so wichtig. Wenn das ein Café oder ein Coworking Space ist, super. Mich erinnert das an die Bibliothek an der Uni. Da ist man ja auch hingegangen und hat sich zwischen anderen Menschen hingesetzt um konzentriert zu arbeiten.

Manche Menschen fühlen sich so wohl, sind produktiver und arbeiten gerne so. Und wer sind wir, dass wir anderen Menschen erzählen wo sie am Produktivsten sind?

Photo credit: Luis Llerena

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Julian Grandke

Julian ist Co-Founder von I Am Digital. Er arbeitet als Creative für eine Berliner Influencer Marketing Agentur und schreibt für verschiedene Blogs.