Beim mobilen Arbeiten denken viele hierzulande vermutlich an gestresste Investment-Bänker im ICE Sprinter von Berlin nach Frankfurt. Wie es auch ganz anders geht, haben wir von Steffi gelernt, die mit ihrem Partner im Wohnmobil lebt und arbeitet. Gerald Schömbs und seine 3 Mitgründer teilen eine Leidenschaft für die Weiten der Weltmeere und bringen mit Coboat demnächst den ersten CoWorking-Space auf Wasser ins Rennen.
Bereits Ende November startet die Jungfernfahrt des Coboats. Wer schnell ist, kann bis zum 17. September noch an einem Kreativwettbewerb teilnehmen und einen 100-tägigen Aufenthalt an Bord gewinnen.
Für alle anderen gibt es die Möglichkeit Tickets bereits auf der Coboat Website zu erstehen. Damit du weißt, worauf du dich hier einlässt, haben wir uns mal von Mitgründer Gerald Schömbs erklären lassen, was die Mitfahrer des Coboats erwartet.
Manche Nomaden leben und arbeiten im Zug, Wohnmobil oder VW-Bus. Wie seid ihr auf’s Boot gekommen?
Wären wir leidenschaftliche Lokomotivführer oder Camper, hätten wir uns Co-Zug oder Co-Zelt ausgedacht. Segeln ist unsere gemeinsame Leidenschaft und wir haben uns gefragt, ob und wie man das mit Coworking verbinden kann. Herausgekommen ist ein Katamaran mit genug Platz für 20 Digitale Nomaden. Oder auch mal einem Event tagsüber für 50 Gäste.
Welche spannenden neuen Perspektiven und Möglichkeiten bietet das Boot für digitale Nomaden und Entrepreneure?
Wer es noch nie gemacht hat, dem sei versichert, dass das Leben auf dem Boot, der Blick vom Wasser aufs Land, die Auseinandersetzung mit der Natur und die Fortbewegung ohne Motor allein schon sehr inspirierend sein kann. Dazu kommt die Mischung von Menschen aus vielen Ländern, das gemeinsame Leben und täglich ein neuer Ausblick beim Aufwachen.
Wie habt ihr als vierköpfiges Gründerteam zusammengefunden und was ist euer Background?
Das allein ist schon ein gutes Beispiel für ortsunabhängige Zusammenarbeit: Tommy arbeitet in Finnland und hat repellx.com gegründet. James kommt aus England, ist schon seit vielen Jahren unterwegs und hat vor weniger als einem halben Jahr kohub.org in Koh Lanta eröffnet. Karsten ist der einzige, den ich schon kannte, weil er in den 90ern eine Werbeagentur in Berlin hatte. Nach zwölf Jahren in Australien ist er inzwischen ein echter Nomade ohne Wohnanschrift.
Die drei haben sich in Thailand im kohub kennengelernt und am Strand die Idee gehabt. Ich bin dann als vierter Partner dazugekommen. Mein Background ist 25 Jahre PR mit der eigenen Agentur und zahlreiche Beteiligungen als Mentor und Business Angel in Agenturen und Startups in Berlin.
Thema Networking und Kollaboration. Wie ist der Austausch untereinander geplant? Habt ihr eine gewisse Vorstellung oder Struktur, wie ihr den Wissenstransfer und die Entwicklung gemeinsamer Projekte fördern wollt?
Wir möchten das aktiv gestalten und haben dafür sogenannte „Community Captains“ in der Crew, die das Programm, Workshops und Aktivitäten organisieren und moderieren. Sie halten auch die Kontakte zu den vielen Coworking Communities, die wir schon als Partner haben und auf der Reise treffen werden. Diesen Job teilen sich Suzanne und Natalia.
Coworker sind ja oftmals gerne flexibel. Wie genau funktioniert das Modell Coboat? Wo steige ich ein? Wie lange bleibe ich an Bord? Und wo geht es überhaupt hin? Was sind die Rahmenbedingungen?
Hop-on, hop-off: Wie beim Stadtrundfahrt-Bus kann man jeden Samstag irgendwo zu- oder aussteigen. Oder weiterfahren, wenn man länger als eine Woche gebucht hat – oder verlängern will, sofern Platz ist. Dann kann man eine, zwei, drei oder viele Wochen an Bord bleiben und mitreisen, wohin der Wind uns weht. Das ist hoffentlich auch immer der nächste Halt wie in unserer Routenplanung vorgesehen.
Im Groben sind das: Südostasien ab Ende des Jahres und dann westwärts. Anfang des neuen Jahres Malediven und im Frühling und den ganzen nächsten Sommer über im Mittelmeer. Weihnachten wollten wir dann in der Karibik feiern, wo wir dann mindestens die erste Jahreshälfte 2017 verbringen werden.
Wie wirkt sich das Meer als Umgebung auf’s Arbeiten und Leben aus? Ist das Bewusstsein für Umwelt und Probleme der Weltmeere ein Thema bei euch und euren kommenden Teilnehmern?
Unbedingt. Wie viele Digitale Nomaden sind wir alle Taucher und haben eine besondere Liebe zu den Ozeanen und ihren Bewohnern. Clean-up-Projekte, Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind uns wichtig: Das beginnt bei Plastikflaschen an Board, welche es natürlich nicht gibt, und führt uns zu Wind-, Sonnen- und Wasserenergie, mit denen wir das Boot betreiben. Oceanvolt aus Finnland unterstützen uns dabei, das Boot auf Elektroantrieb umzurüsten, was es bei einem Sportboot dieser Größenordnung noch nicht gegeben hat.
Wer ans Arbeiten auf dem Schiff denkt, mag sich fragen wie ihr das mit dem WLAN löst. Wie sieht da eure Situation aus und wie teuer ist das umzusetzen?
Ebenso wie beim elektrischen Antrieb dringen wir hier in technologisches Neuland vor: Wir entwickeln gemeinsam mit einem Anbieter ein System, mit dem wir nahtlos zwischen Wifi, Mobilfunk und Satellitenumfang wechseln können. Dazu kommt ein intelligentes Daten-Management, bei dem man zum Beispiel Uploads über einen Server auf nachts verschieben. Gewisse Kompromisse sind aber nötig. Auf das Herunterladen von Filmen muss man für die Zeit an Bord verzichten.
Gibt es ein Auswahlverfahren bzw. besondere Anforderungen für eure potenziellen Passagiere oder handelt ihr nach „First come, first served“?
Wir schicken jedem Gast einen Fragebogen, um herauszufinden, was seine Erwartungen sind und was er vielleicht zur Gemeinschaft beitragen kann. Wenn Interessenten eher einen entspannten Segeltörn erwarten und ansonsten in Ruhe gelassen werden wollen, würden wir ihnen einen anderen Anbieter empfehlen. Besonders bei Teilnehmern über einen längeren Zeitraum – ab einem Monat – würden wir auch mal ein Skype-Interview führen, um sie kennenzulernen.
Erwartet ihr spezielle Probleme bei diesem Projekt oder wartet ihr erst einmal die erste Tour ab?
Jede Menge Herausforderungen haben und lösen wir schon im Vorfeld. Die Resonanz aus der ganzen Welt ist großartig und wir haben ein tolles Team zusammengestellt, das aus fünf Ländern kommt und zusammen weit über 100 Jahre Erfahrung mit Segeln, Technik, Projektmanagement, Unternehmertum und Reisen mitbringt. Damit lösen wir alle Probleme in Nullkommanix!
Danke für das spannende Interview. Wir werden euer Projekt gespannt im Auge behalten!
Photo Credit: Coboat