Im Jahr 2010 hat Jason Fried in seinem Vortrag „Why work doesn´t happen at work“ beim TED Talk über die Produktivität in Büros referiert. Dass die meisten dieser Worte heutzutage noch immer aktuell sind, spricht nicht gerade für die Entwicklung unserer Arbeitswelt. Grund genug, um das veröffentliche Video im heutigen Beitrag nochmals aufzugreifen.
Ich muss zugeben, dass ich das Video bis vor kurzem noch gar nicht kannte. Umso besser, wenn man seine Informanten hat. In diesem Fall war das Julia, die mich durch den folgenden Tweet auf den Beitrag von Jason Fried aufmerksam machte. Danke nochmals dafür.
Beim Anschauen des humorvollen Videos wurde nicht nur mein Nerv getroffen, sondern mir wurde auch schnell klar, dass in unserer heutigen Arbeitswelt ständig neue Ideen für eine Umstrukturierung der Arbeitswelt entstehen. Umgesetzt werden diese allerdings nicht, außer du entschließt dich dazu, dein Arbeitsleben als digitaler Nomade oder Selbstständiger selbst in die Hand zu nehmen.
Was uns von Vorgesetzten eingetrichtert wird
In Anlehnung an den Vortrag von Jason Fried aus dem Jahr 2010 habe ich ein paar Thesen erstellt, die dir aufzeigen, wie die Produktivität in einem 9-to-5-Job leidet und welche Mythen in einem Bürojob vorherrschen, die schleunigst aus der Welt geschafft werden sollten.
These 1: „Nur im Büro lässt es sich gut arbeiten“
In einem Angestelltenverhältnis ist es normal, dass wir mit unseren Mitarbeitern unter einem Dach sitzen – alle vereint und nur wenige Meter voneinander entfernt, um immer ansprechbar, erreichbar und vor allem kontrollierbar zu sein. Um gute Arbeit zu leisten, müssen sämtliche Arbeitnehmer auf einem Fleck vereint sein. So sieht es zumindest unsere Gesellschaft, weshalb die erste Tätigkeit vieler Unternehmen darin besteht, neue Büroräume zu erbauen oder anzumieten.
Doch wohin gehst du zum Beispiel, wenn du wichtige Dinge erledigt haben möchtest? Diese Frage hat sich auch Jason Fried gestellt und kam zu dem Entschluss, dass die wenigsten Befragten ihren Arbeitsplatz nennen würden, sondern vielmehr Orte wie den Zug, das Café, die Bücherei oder das Gartenhäuschen. Auch temporär betrachtet gibt es nur einige Ausnahmen, die zwischen 10 und 15 Uhr wirklich produktiv sind, weshalb auch diesbezüglich die Antwort meist auf „früh am Morgen“ oder „spät am Abend“ hinausläuft. Etwas konträr zur gewöhnlichen Arbeitskultur, oder?
These 2: „Wer zu Hause arbeitet, wird abgelenkt!“
Angelehnt an die soeben genannten Punkte herrscht die Meinung vor, dass Homeoffice oder remote zu arbeiten kontraproduktiv ist. Mir platzen bei solchen Sätzen fast die Adern, da diese Einstellung konservativ, nur wenig innovativ ist und den Mitarbeitern die Freiheit nimmt, sich zu entfalten, was letztendlich vor allem dem Arbeitgeber alles andere als zu Gute kommt.
Fried meint in seinem TED Talk dazu, dass man im Büro zwar viele Sachen abgearbeitet bekommt, aber ein wirklich brauchbares Ergebnis nur selten in den Händen hält. Vor allem Kreative, wie zum Beispiel Webdesigner und Redakteure, brauchen doch eigentlich lange Zeitabschnitte ohne Störungen, welche man auf Grund ständiger Störfaktoren im Büro auf alle Fälle hat. Einen schönen Vergleich zur Arbeitswelt von heute zieht Fried mit dem Schlaf, der auch nur dann für Erholung sorgt, wenn die Tiefschlafphase erreicht wird. Und das geschieht definitiv nur ohne äußere Beeinträchtigungen.
These 3: „Soziale Netzwerke sind Gift für produktives Arbeiten!“
Laut vieler Vorgesetzter ist die Nutzung von Facebook, Instagram und Twitter in vielen Betrieben ein absolutes Tabu. So lenken die sozialen Netzwerke zu sehr von den eigentlichen Aufgaben ab. Als Folge daraus werden Facebook & Co. entweder komplett gesperrt oder den fleißigen Mitarbeitern gar mit „arbeitsrechtlichen Folgen“ gedroht, wie es doch im spießigen Fachjargon so schön heißt.
Natürlich können Social Media ablenken und die Produktivität beeinträchtigen. Allerdings nur, wenn diese im Hintergrund durchgehend geöffnet sind. Doch die Nutzung zu verbieten ist Humbug, schließlich sind sie, wie es Jason Fried so schön ausdrückt, die „modern day smoke breaks“. Warum also nicht dem Arbeitnehmer kurze Pausen im Social Web erlauben, um kurz abzuschalten und danach noch fokussierter der eigentlichen Arbeit nachzugehen? 15-minütige Raucherpausen sind da sicherlich weitaus unproduktiver, auch wenn diese seltsamerweise nur wenigen Vorgesetzten ein Dorn im Auge sind.
These 4: „Ohne regelmäßige Meetings geht es nicht voran!“
Fünf bis acht Angestellte sitzen zusammen in einem Raum und tauschen sich über die Interessen der Kunden oder Unternehmensziele aus. Das muss natürlich mindestens einmal pro Woche geschehen, um stets auf dem aktuellen Stand zu sein, damit auch jeder weiß, was er bis zum nächsten Meeting erledigen muss. Meetings sind einfach unabdinglich für die Unternehmenskommunikation und haben große Bedeutung für die Unternehmenskultur.
Während ich diese Zeilen tippe, läuft es mir fast schon kalt den Rücken herunter. Ich bin nun mal kein Meeting-Fan, ebenso wenig wie Jason Fried. Er geht sogar noch einen Schritt weiter und sagt, dass die größten Probleme in Büros die M&M´s sind. Gemeint sind damit nicht etwas die mit Schokolade und ordentlich Farbstoffen ummantelten Erdnüsse, sondern „Manager & Meetings“. So besteht die Aufgabe von Managern laut Fried darin, Mitarbeiter in regelmäßigen Abständen aus ihrer täglichen Arbeit zu reißen, während Meetings seiner Meinung nach einfach nur pures Gift sind.
Meetings sind kein Teil erfolgreicher Arbeit, sondern regelrecht Diskussionen über Sachen, die später erledigt werden sollen, bis es im nächsten Meeting heißt, man habe die Aufgabe auf Grund zeitlicher Diskrepanzen nicht erledigen können. Einfach unproduktiv diese Treffen, denn bei einem einstündigen Meeting mit 10 Personen gehen sogleich zehn Stunden an Produktivität verloren. Dies betrifft nicht nur den zeitlichen Aspekt, sondern vor allem auch das Geld. Wirtschaftliches Arbeiten sieht anders aus.
Jeder ist für seinen Arbeitsalltag selbst verantwortlich
Zum Abschluss des TED Talks stellt sich Jason Fried die Frage, was Manager besser machen können, um das Büro in einen besseren Ort zum Arbeiten zu verwandeln. Überspitzt schlägt er vor, den No-Talk-Thursday einzuführen, nur noch passiv in Form von E-Mails und Messengern zu kommunizieren und plädiert dazu, Meetings komplett zu eliminieren. Er ist der Meinung, dass man Mitarbeitern die Entscheidung überlassen solle, wo sie am Produktivsten arbeiten.
Gut, dass bereits einige Unternehmen, wie zum Beispiel Microsoft, ihre strikte Arbeitswelt überdacht und neu ausgerichtet haben. Sie sind da bisher aber eine der wenigen Ausnahmen, was der fünf Jahre alte Beitrag von Fried belegt. Denn wirklich getan hat sich seitdem zumindest im deutschsprachigen Raum nichts.
Die hiesige Arbeitswelt will sich einfach nicht so recht entwickeln. Wenn du dich also nicht mit den alteingesessenen Strukturen anfreunden kannst, dann handele selbst und sei für deinen Arbeitsalltag selbst verantwortlich. Als kleinen Motivationsschub solltest du dir das Video „Why work doesn´t happen at work“ daher keinesfalls entgehen lassen. Noch tiefer in die Materie geht es in Rework: Business – intelligent & einfach, dem passenden Buch dazu.
Ich habe diesen Text übrigens bei mir an meinem kleinen, aber feinen Wohnzimmertisch geschrieben, während ich mir zuvor auf dem Sofa Gedanken über den Inhalt dieses Beitrags gemacht habe. Das hat wunderbar geklappt und ich bin mir sicher, dass ich für das Schreiben in einem Büro weitaus länger gebraucht hätte. An welchen Orten bist du denn ganz besonders produktiv?