Neben dem Angestelltenverhältnis noch genügend Zeit fürs eigene Business aufbringen, geht das überhaupt? Klar geht das. Warum es sich lohnt, als Sidepreneur tätig zu sein, was die Gefahren sind und welche Gedanken du dir vor dem Start in die Teilzeit-Selbstständigkeit machen solltest, erfährst du im heutigen Beitrag.
Wenn du I Am Digital schon ein Weile verfolgst, dann sind dir die Angsthasen-Artikel Im Angsthasenmodus zum Digitalen Nomaden und Zwischenstand des minimalistisch gewordenen Angsthasen sicherlich bekannt. Dabei erzähle ich von meinem langen Weg zum Digitalen Nomaden und inwieweit ich diesem Ziel bereits näher gekommen bin. So bin ich seit Anfang des Jahres zu 70 Prozent bei einer Online Marketing Agentur tätig, bei der es mir unverändert gut gefällt, den Rest der Zeit jedoch vertreibe ich mir als Sidepreneur.
Der Begriff des Sidepreneurs selbst ist noch sehr jung, weshalb es auch noch keinen passenden Eintrag dazu bei wikipedia gibt. Letztendlich setzt sich der Begriff aus dem Englischen side für Seite und entrepreneur für Unternehmer zusammen. Ein Sidepreneur ist also eine Person, die neben ihrer Tätigkeit als Angestellter unternehmerisch tätig ist, egal ob als Freelancer, Unternehmer, Blogpreneur oder auf andere Weise. Auf dieser Definition beruhend darf ich mich also getrost als ein solcher bezeichnen.
Was ist eigentlich dein Ziel?
Wenn auch du diesen Schritt gehen willst, dann solltest du dir vor dem Start als nebenberuflicher Selbstständiger vor Augen halten, was deine Intention ist und du mit der „freiwilligen“ Mehrarbeit bezwecken willst. Daher habe ich ein paar Fragen aufgelistet, über die du dir ein paar Gedanken machen solltest:
- Erlaubt dein Arbeitgeber die geplante Tätigkeit überhaupt?
- Hebt sich dein Produkt oder deine Dienstleistung von der deines Arbeitgebers ab, um eine Konkurrenzsituation zu vermeiden?
- Was sind deine Ziele? Willst du nebenbei lediglich ein bisschen Geld verdienen, dir ein eigenes Unternehmen aufbauen oder dir eine Basis für den Einstieg ins Digitale Nomadentum aufbauen?
- Wie soll dein Nebengewerbe aussehen? Wirst du eigene Produkte entwickeln, bloggen oder Dienstleistungen anbieten?
- Wieviel Zeit kannst du für deine eigenen Projekte aufbringen ohne dich zu überlasten und die maximale Wochenarbeitszeit von 48 Stunden nicht zu überschreiten?
All das sind nur ein paar der wenigen Fragen, die es vorab zu klären gilt. Die Begeisterungsfähigkeit etwas Neues auszuprobieren ist schön und gut und auch ich verfalle dieser in regelmäßigen Abständen, doch ein bisschen Plan, was du tatsächlich tun und wie du dich organisieren wirst, solltest du schon haben. Denn jede grandiose Idee ist nichts wert, wenn die Zeit für die Umsetzung fehlt.
Chancen und Risiken eines Sidepreneurs
In den vergangenen Monaten, in denen ich nun schon nebenberuflich selbstständig bin, habe ich verschiedene Erfahrungen als Sidepreneur gesammelt. Zwar durfte ich mich diesbezüglich in meiner Kreativität und der Arbeitsorganisation frei ausleben und zahlreiche positive Erfahrung sammeln. Doch ganz unstressig und ohne negative Aspekte sind die vergangenen Monate leider nicht immer gewesen.
Daher will ich versuchen, dich durch einige Vorteile vom Sidepreneurship zu begeistern, dir mit einigen weniger schönen Punkten allerdings auch die Augen öffnen, was dich als Sidepreneur erwarten wird.
Warum es großartig ist, ein Sidepreneur zu sein
Kein Risiko und keine Existenzängste: Da du dich hauptberuflich in einem geregelten Arbeitsverhältnis befindest, bei dem dein Arbeitgeber einen Teil der Kranken- und Rentenversicherung trägt, halten sich nicht nur deine monatlichen Fixkosten in Grenzen. Du darfst dich außerdem über ein geregeltes (planbares) Einkommen freuen und bist nicht vom Erfolg und den Umsätzen deiner eigenen Projekte abhängig. Das beruhigt ungemein und sorgt dafür, dass du tagtäglich ohne Existenzängste einschlafen kannst.
Mehr Wissen: Durch deine eigenen Projekte sammelst du einerseits eine Menge neuer Erfahrungen. Andererseits bist du gezwungen, dich ständig weiterzubilden, sei es als Blogger im Bereich der Blogmonetarisierung, als Freelancer in Bezug auf die Kaltakquise oder als Entwickler hinsichtlich der Verbesserung deines eigenen Projektes. In der Selbstständigkeit ist Lernen ein wichtiger Faktor für den Erfolg deines Unternehmens, um den du nicht herum kommst und der dich und dein Mindset enorm nach vorne bringt.
Eigene Projekte vorantreiben: Anders als in einem Angestelltenverhältnis, wo dir in der Regel Arbeitsziele und -schritte vorgegeben werden, kannst du dich bei deinen eigenen Projekten vollends ausleben und von dir gesponnene Ideen direkt in die Tat umsetzen, ohne lange Wege gehen zu müssen. Zwar trägst du dafür auch die alleinige Verantwortung, allerdings bekommst du hautnah mit, wie sich deine Projekte entwickeln und was deine Mühen und dein Einsatz wert waren.
Erweitertes Netzwerk: Durch die Tatsache, dass du dich durch deine zusätzliche Selbstständigkeit auf neuem Terrain abseits deines alltäglichen Arbeitsplatzes befindest, lernst du automatisch interessante Personen kennen, die dir weiterhelfen. Verstecke dich nicht und schließe dich Mastermind-Gruppen an oder werde Teil der Sidepreneur-Gruppe auf Facebook und tausche dich mit Gleichgesinnten aus.
Zweites Standbein aufbauen: Die heutige Arbeitswelt ist kurzlebiger denn je. Selbst unbefristete Arbeitsverträge sind keine Garantie für eine lebenslange Jobsicherheit und können nach den allgemeinen Kündigungsvorschriften ein jähes Ende finden. Als Sidepreneur hast du die Möglichkeit dir völlig zwang- und vor allem drucklos ein eigenes Business aufzubauen. Im Falle einer Kündigung kannst du entweder darauf zurückgreifen oder aber auf das dadurch ausgebaute Netzwerk.
Es ist nicht alles Gold, was glänzt – die Nachteile
Deutliche Mehrbelastung: Mit der Freiheit über eigene Entwicklungen selbst entscheiden zu dürfen geht auch eine deutliche Mehrbelastung einher, denn Projekte, die du neben deinem Berufsalltag meisterst, brauchen einen hohen Zeitaufwand. So musst du als Sidepreneur, sofern du deine Ganztagsstelle nicht minimiert hast, den Feierabend und das ein oder andere Wochenende nutzen, insbesondere auch dann, wenn deine Projekte erfolgreich anlaufen.
Von Ortsunabhängigkeit kaum eine Spur: Je nach Arbeitgeber und Beruf bist du an einen bestimmten Standort gebunden, den du nicht mal eben für ein paar Wochen verlassen kannst, um deine Selbstständigkeit voranzutreiben. Zwar kannst du es dir in CoWorking-Spaces bequem machen, zu deinem alltäglichen Arbeitgeber musst du aber dennoch irgendwann zurückkehren. Wenn du das Sidepreneurship als Sprungbrett für das Digitale Nomadentum nutzen willst, musst du dich vorerst mit ortsabhängigem Arbeiten abfinden.
Nicht jedem gefällt deine Selbstständigkeit: (D)Ein erfolgreiches Unternehmen, das du nebenbei betreibst, kann schon mal dafür sorgen, dass du Neid auf dich ziehst. Dieser kann sogar soweit gehen, dass deine Kollegen aus dem 9-to-5-Job deine Arbeitsleistung nicht mehr zu schätzen wissen oder deinem Chef die Düse geht, weil du dich von seinem Unternehmen abkapselst, ohne zu begreifen, dass das Arbeitsverhältnis eine Win-Win-Situation für beide darstellt.
Tipps für den Einstieg als Sidepreneur
Abschließend zum heutigen Beitrag und in Anlehnung an die oben genannten Chancen und Risiken möchte ich dir noch ein paar Tipps mit auf dem Weg geben, die du bei deinem Leben als Sidepreneur beachten solltest, um das bigamische Arbeiten möglichst problemlos zu gestalten:
- Trenne deinen 9-to-5-Job ganz klar von deiner Selbstständigkeit.
- Strukturiere dir jeden Tag oder jede Woche genau durch und setze dir feste Termine, wann du welche Tasks abarbeitest.
- Versuche dich in Sachen Selbstdisziplin zu üben.
- Priorisiere Projekte und überlade deinen Arbeitstag nicht mit zu vielen Aufgaben.
- Greife auf hilfreiche Tools zurück, um den Ablauf deiner nebenberuflichen Selbstständigkeit zu erleichtern.
- Kläre mit deinem Chef im Vorhinein ab, wie groß der Umfang deines Nebengewerbes ist und vermeide es, Konkurrenzprodukte anzubieten.
- Richte dir einen festen Sidepreneur-Arbeitsplatz her oder gehe in ein Büro oder einen CoWorking Space, um effektiv zu arbeiten.
Ich hoffe, dass du nun genügend Input hast, um für dich eine Entscheidung zu treffen, ob du für das Arbeiten als Sidepreneur prädestiniert bist oder eben nicht. Ich kann es nur empfehlen, denn es wirkt sich unheimlich positiv auf die eigene Motivation aus, sowohl was das Angestelltenverhältnis als auch die Selbstständigkeit betrifft. Außerdem lerne ich jeden Tag dazu und erweitere nicht nur mein Wissen, sondern auch mein Netzwerk.
Wenn du noch mehr über Sidepreneure erfahren willst, dann schaue im Blog von Michael Dohlen vorbei oder höre dir den dazu passenden Life-Hackz-Podcast von Marcus Meurer an. Hast du Fragen zum Sidepreneurship oder deine ganz persönlichen Erfahrungen dabei gesammelt? Dann verrate sie mir doch einfach in den Kommentaren.
Photo Credit: Damian Zaleski | unsplash.com